Hyper­sexualität

Hypersexualität meint ein „sexuell gesteigertes Verlangen“, das ab einer gewissen Intensität durch Erschaffung von Leiden des Betroffenen oder seiner Umgebung einen krankhaften Charakter erhält und dem ein „Suchtcharakter“ zugeschrieben wird. Die Hypersexualität war bis zur letzten Ausgabe des internationalen Klassifikationssystems (ICD-10) noch diagnostisch-klassifikatorisch codierbar („Gesteigertes sexuelles Verlangen“, ICD-10: F52.7) obwohl kein ausreichender internationaler Konsensus über die Quantifizierbarkeit des Phänomens bestand. Da die Hypersexualität einerseits an Bedeutung und Häufigkeit in ärztlichen Praxen abnahm und andererseits die Quantifizierbarkeit problematisch blieb, wurde die Diagnose einer „Hypersexualität“ nunmehr in den neuen Klassifikationssystemen DSM-V und der ab Januar 2021 gültigen ICD-11 abgeschafft. Neu in die ICD-11 aufgenommen wurde allerdings die Diagnose des „Zwanghaften Sexualverhaltens“ (ICD-11: 6C72), zu dem übermäßiger Pornokonsum oder übermäßiger Telefonsex zählen, dem aber keineswegs immer ein „gesteigertes sexuelles Verlangen“ zugrunde liegen muss. Während die Diagnose der „gesteigerten sexuellen Verlangen“ in den neuen Klassifikationssystemen gestrichen wurde, hat automatisch die Diagnose des verminderten sexuellen Verlangens sowohl in der Häufigkeit im ärztlichen Alltag als auch in der Stellung innerhalb der Klassifikationssysteme an Bedeutung gewonnen. Eine Sonderform der Hypersexualität findet sich unter den Diagnosen der sexuellen Perversionen, die in einer eigenen Kategorie verschlüsselt sind.